Mein erster Unterwasserfotowettbewerb wird für mich immer der bedeutendste sein. Es war eine großartige Erfahrung, mit vielen aufregenden Momenten, und ich habe lebenslange Freundschaften geschlossen und Erinnerungen, die mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Der erste Schritt in meiner Karriere als Unterwasserfotograf war der Entschluss, am »Red Sea World Photography Competition« 2014 in Eilat teilzunehmen. Alle meine bisherigen Unterwasserfotos hatte ich damals ohne Tauchgerät aufgenommen. Somit war ein Tauchkurs dringende nötig. Dann kamen mir immer mehr Ideen für neue Bilder, aber auch die Erkenntnis, dass ich mich mit einigen superbegabten Fotografen messen würde. So beängstigend dieser Gedanke auch war, die Entscheidung zur Teilnahme war getroffen. Ich träumte davon, als Neueinsteiger das internationale Jury-Team überraschen zu können.

 

Das Model auf dem Sandboden. Ausgeleuchtet in Szene gesetzt.

Ich wußte, dass ich mit etwas Besonderem an dem Wettbewerb teilnehmen musst, um eine Chance zu haben, einen Preis zu gewinnen. So entwickelte ich ziemlich wilde Ideen. Freunde, mit denen ich sie teilte, begegneten mir mit viel Skepsis. Ich selbst sagte mir immer wieder:» Man gibt Träume nicht auf« und machte weiter. Zuerst engagierte ich den Modedesigner Zvezdi Patare, um mit der Idee zu experimentieren, eine traumhafte Meeresgestalt zu kreieren, die wir Quallenmodel nannten. Es wurden zahlreiche Design-Änderungen vorgenommen und technische Schwierigkeiten überwunden, bis wir das Endprodukt erreicht, wie ich es mir vorstellte.
 

Über vier Meter Stoff waren mit LED-Lichtern durchzogen.

Um das Quallenkleid durchsichtig zu machen, haben wir einen speziellen Stoff verwendet, auf den wasserdichte LED-Streifen genäht wurden. Damit das Gleichgewicht und die Orientierung im Wasser nicht beeinträchtigt werden, haben wir an der Unterseite des Kleides ein kleines Gewichtsband genäht und LED-Streifen angebracht, die dem besonderen Look einer fluoreszierenden Qualle ähnelten. Das Lichtbandsystem wurde an Batterien angeschlossen, die außer Sichtweite auf der Rückseite des Kleides angebracht waren. Zuerst experimentierten wir mit mehreren Versuchen in einem Swimmingpool, später im Schwarzen Meer und der Ägäis. Obwohl wir das Gefühl hatten, alles unter Kontrolle zu haben, erlebten wir einen Rückschlag, als einige Tage vor unserer Abreise nach Eilat beim letzten Test mehrere LED-Streifen beschädigt waren und ersetzt werden mussten. Wir hatten zum Glück einen guten Elektriker, der uns half, die Probleme im Zusammenhang mit LED-Streifen, Batterien und Salzwasser zu lösen.
 

Das Model
Aus der großen Anzahl der israelischen Models wählte ich die bezaubernde Elie Biel aus. Die Kontaktaufnahme erfolgte über Facebook. In meinem Land gibt es nicht allzu viele Fotomodels, die bereit sind, sich unter Wasser fotografieren zu lassen.
 
 

Elie Biel das israelische Model
 
Sie erwies sich als die perfekte Wahl, weil sie Schönheit mit Professionalität verband, und sie verfügte über viel Erfahrung. Es herrschte eine gute Stimmung zwischen allen Beteiligten. Ich denke, wir waren trotz der Komplexität des Projekts ein Dream-Team.
Ihr gefiel meine Bildidee. Und zum ersten Mal konnte sie mit einer Fotografin im Wettbewerb zusammenarbeiten – der meist von Männern dominiert wurde.
 
Intensive Vorbereitungen
Ich beabsichtigte, die 17-mm-Einstellung des Tokina 10-17 Fisheye Objektivs zu verwenden, damit es auf meiner Vollformat Canon 5D MKIII keine Vignettierung gab. Die Lichttechnik vor fünf Jahren war noch nicht so fortgeschritten wie heute, und ich war auf die 2500 Lumen Leistung der Intova Galaxy Lampen beschränkt. Dies waren meine einzigen Lichtquellen, also optimierte ich die Kameraeinstellung auf ISO 3200.
 

wei orangefarbene Lichter leuchten hinter dem Model

Als die Zeit für die Aufnahmen kam, starteten wir kurz nach Sonnenuntergang. Die intensive Vorbereitung vor dem Tauchen dauerte dann jedoch länger als erwartet. Nachttauchgänge sind in der Regel etwas komplizierter und erfordern eine genaue Vorplanung um jedes Risiko zu bedenken und auszuschließen. Als professionelle Visagistin habe ich mich um Elie's Make-up gekümmert. Sie in das Kleid zu bekommen, war auch etwas knifflig, da es sich um ein mehrteiliges Korsettkleid handelte. Aufgrund der begrenzten Akkuzeit und der Tatsache, dass es keine Möglichkeit gab, die Akkus wieder aufzuladen, würde es nur eine Chance geben, das Foto zu machen. Lange bevor wir ins Wasser stiegen, wurde es dunkel. Also richteten wir die Szenerie unter Wasser im Vollmondlicht aus. Die von uns benötigte Tiefe betrug etwa 5 Meter. Die »Arme der Qualle« erreichten eine Länge von 2,5 Metern und weitere 5 Meter Stoff waren mit LED-Beleuchtung bedeckt. Bei der Auswahl des Drehortes vertraute ich auf Elés Ortskenntnis.


ZIn das Kleid integrierte LED-Lichtleisten

Die Aufnahme
In der Session mussten die Beine des Models mit Leine und Gewichten an den Meeresboden befestigt werden. Außer mir und Elie gab es eine weibliche Standby-Taucherin mit Elie's Luftversorgung und einen weiteren Taucher mit den Lampen. Wir alle waren schwarz gekleidet. Wir tauchten ab, sanken auf den Boden, wo eines von Elie's Beinen an die zuvor dort platzierten Gewichte gebunden war. Als sie sich niedergelassen hatte, stellten wir fest, dass der Akku für die LED-Streifen schwerer war, als wir erwartet hatten, sodass es viel Anpassungsaufwand erforderte, sie neutral aufrechtzuerhalten. Sie signalisierte, wenn sie vom Regler atmen musste, damit sie dann in Position bleiben konnte. Drei Lichtquellen, zwei direkt hinter dem Model, leuchteten in blauem und gelbem Licht, eine zeigte auf die Oberfläche mit blauem Licht, das auf dem Wasser reflektiert werden musste. Ich hielt eine rote Taschenlampe als Scheinwerfer, die auf Elie gerichtet war, die ihren Atem für bis zu 40 Sekunden anhielt.
Schon nach wenigen Minuten, als die Vorbereitungen und Testaufnahmen unter Wasser abgeschlossen waren, wurde die Zeit durch die begrenzte Brenndauer der LEDs kritisch. Ich signalisierte dem Team, den Schuss freizugeben. Jetzt oder nie - ein Projekt, das sechs Monate Vorbereitungszeit gedauert hatte, konnte in diesem Moment leicht scheitern. Die Dunkelheit, das Gewicht der Batterie und die Koordination zwischen Fotografen, Fotomodel und Taucher, der die Taschenlampe hielt: all das war sicherlich anspruchsvoller als bei anderen Fotos. Aber wir haben die Schwierigkeiten überwunden und es geschafft, einige gute Bilder zu machen, noch bevor sowohl die Batterien leer waren und uns die Luft ausging.
 
 
Das Siegerfoto

Erst nach Abschluss der Fotosession und dem Zurückschwimmen zum Strand wurde uns klar, dass uns die leichte Strömung unter Wasser heimtückisch weit aufs Meer hinausgezogen hatte. All die Mühen waren es wert: Wir haben den dritten Platz in der Modekategorie belegt und mein Quallenbild wurde für das Cover des prestigeträchtigen World Shootout-Katalogs ausgewählt und gewann sogar den Sonderpreis des Bürgermeisters von Eilat.