Im Süßwasser zur Welt gekommen, wie alle Wildlachse, kehren die Rotlachse jeden Herbst aus dem Pazifik zu den Süßwasserbächen und Seen zurück, in denen ihr Leben begann. Sie nutzen ihren Geruchssinn, die Wassertemperatur und die Erinnerungen des frühen Lebens, um auf ihrem ursprünglichen Laichplatz heimzukehren. Erstaunlich, dass sie es schaffen. Alle vier Jahre gibt es einen großen Salmon-Run, bei dem tausende von Fischen die Reise antreten. Der letzte war im 2018.

 
Adams River at British Columbia
 
Während der langen Monate, in denen sie sich bis zu 800 Kilometer vom Meer flussaufwärts bewegen, kommen die meisten erschöpft, hungrig und verwundet an. Mit der verbleibenden Kraft erfüllen sie ihre Mission, ihre Eier zu legen und sie befruchten zu lassen, bevor sie schließlich sterben. Das ist es, was den Rotlachs vom Atlantischen Lachs unterscheidet. Er beendet sein eigenes Leben direkt nach dem Ablaichen. Ausgewachsene Pazifik-Rotlachse sammeln ihre Fettreserven im Meer, um sich auf die beschwerliche Reise vorzubereiten. Bei Reiseantritt haben sie noch eine glänzend silberne Haut. Sobald sie in den Fluss einschwimmen und nicht mehr fressen, wird der Körper der Fische immer röter, während sich der Kopf kräftig grün verfärbt. Sie haben es nicht leicht: Stromschnellen müssen gemeistert werden, hungrigen Bären ausgewichen.
 
Nach getaner Arbeit werden Tausende befruchteter Eier in Felsspalten und unter dem Flusskies abgelegt. Ihre abgemagerten und leblosen Körper sind dann Nahrung für Vögel und kleinere Fischen. Laut Studien kanadischer Naturschützer aus British Columbia sind es von rund 4000 Eiern eines Fischpaares, gerade einmal zwei Fische, die nach ihrem Leben im Meer wieder an den Ort ihrer Geburt zurückkehren.
 
Mit der gesamten Ausrüstung mussten wir zur Location laufen
 
Den richtigen Ort finden
Meine Reise zum Adams River, zu den Laichplätzen der Rotlachse verlief gefühlt ähnlich hart, wie die Reise der Lachse selbst. Die offizielle Genehmigung war eingeholt und nach einem frühen Start mussten wir inklusive der gesamten Ausrüstung etwa eine Stunde durch die Wildnis wandern. Kein Weg, kein Pfad. Wir mussten durch das Wasser waten, stiegen auf die großen glitschigen Steine des Flussbettes und gingen das Risiko ein, dass wir oder unsere Ausrüstung dabei hätten Schaden nehmen können. Bilder der Location verrieten mir, dass ich nur meine Trocki brauchen würde, keine komplette Tauchausrüstung. Das flache Wasser ließ mich befürchten, dass meine Sony A7R Mk III Kamera in ihrem Seacam-Gehäuse heiß werden könnte und beschlägt.
 
Das Betreten der großen, rutschigen Steine des Flussbettes
 
Vor Ort wurde ich mit dem Anblick vieler »schlemmender« Vögel konfrontiert. Überall lagen endlos viele, tote Fische auf dem Boden. Eigenartigerweise rochen die verwesenden Kadaver weniger stark als erwartet. Hier im Park ist es ist verboten, die Umgebung zu »manipulieren«. Wer durchs Wasser läuft, muss vorsichtig sein. Patrouillierende Parkwächter sorgen für den Schutz des Tsútswecw Provinzparks. Als ich meinen Platz ausgewählt hatte und mit dem Fotografieren begann, musste ich an dieser Stelle bleiben. Selbst das Bewegen eines ungünstig liegenden Felsbrockens ist verpönt. Wer es dennoch tut und von einem Park-Ranger erwischt wird, kann seine Lizenz verlieren und die Aufnahmezeit ist beendet.
 
Nicht so einfach
Die Kälte des Flusswassers überraschte mich. Es war zwar warm genug in meinem Trockenanzug, aber Kopf und Hände waren durchgefroren im 6 Grad kalten Wasser. Ich war zufrieden, dass es keine Probleme mit dem Beschlagen der Kamera gab. Ich hatte zwei Objektive dabei: FE 16-35/f2.8 G und das FE 12-24/ f4 G. Ich benutzte hauptsächlich das Weitwinkelobjektiv hinter der großen Dome-Port des Seacam-Gehäuses. Nach dem Aufstellen der Kamera stellte ich fest, das ich mich langsam im Wasser fortbewegen musste, um an eine Position zu gelangen, an der sich die Fische befanden. Sie waren sehr scheu und ich musste vermeiden, einen Schatten zu werfen, da sie sonst flüchten würden. Vorsichtig und angestrengt schleifte ich mich über das Flussbett, das, übersät mit kleinen runden Felsbrocken, jeden Teil meines Körper malträtierte, ehe ich tiefer lag und darauf wartete, dass sich die Fische an meine Präsenz gewöhnt hatten.
 

Ich warte, dass sich die Fische an meine Anwesenheit gewöhnten.
 
Als sie näher kamen, wußte ich, dass ich ein gutes Foto machen werde. Ihr Verhalten entsprach genau dem, wie ich es erwartet hatte. Und die Halb-und-Halbtechnik war genau die Wahl. Ich benutzte ISO200 in Kombination mit dem Objektiv, das auf  Blende 16 eingestellt war, wobei ich den Blitz zum Ausleuchten der Fische einsetzte, während die Verschlusszeit von 1/160 Sekunde für die Hintergrundbelichtung zuständig war.
 
Selbstverständlich sahen nur die Fische, die bei starker Strömung schwimmen, schön aus.  Bei einer Wassertiefe von nur 30 Zentimeter erlaubte es das schnell fließende Wasser nicht zu stehen. Ich musste mich hinlegen, um nicht mitgerissen zu werden. Das Display der Kamera wurde unentbehrlich und erlaubte es mir, nicht nur das zu sehen, was die Kamera wahrnahm, sondern auch das Geschehen um mich herum zu beobachten.
 
Das Siegerfoto
 
Geduld und Ausdauer
Durch den starken Wasserschwall war ich gezwungen, den Fokus auf einen Schuss nach dem anderen zu richten, da der Befestigungsarm meines Blitzes ständig neu ausgerichtet werden musste, da er durch den Wasserstrom immer wieder verschoben wurde. Ich war täglich vier bis fünf Stunden im Wasser und pausierte nur für ein schnelles Mittagessen, weil ich Angst hatte, eine wichtige Foto-Chance zu verpassen.
 
Es war nicht einfach. Die Wetterumschwünge bescherten mir schlaflose Nächte. Von insgesamt sechs Tagen hatte man weniger als acht Sonnenstunden. Und an diesem Breitengrad und zu dieser Jahreszeit sind die Tageslichtstunden begrenzt. In den ersten beiden Tagen war keine Sonne zu sehen. Es war sehr deprimierend. Aber ich blieb tapfer und wurde belohnt. Der Tsútswecw Provincial Park in British Columbia, Kanada, liegt nordöstlich von Kamloops und nordwestlich von Salmon Arm. Er erstreckt sich entlang der Ufer des Adams River, zwischen dem südlichen Ende des Adams Lake und dem westlichen Teil des Shuswap Lake. Hier kann es während der Zeit der Lachswanderung ziemlich belebt sein. Genaue Termine für die besten Bedingungen, aktuelle Veranstaltungen und mehr erhalten Sie direkt bei der Adams River Society.